Einer genügt | das Asch Experiment

Das Asch-Experiment, durchgeführt von Solomon Asch in den 1950er Jahren, war ein bahnbrechendes Experiment zur Erforschung von Konformität und sozialem Einfluss. Es zielte darauf ab, zu verstehen, wie Menschen dazu neigen, ihre eigenen Wahrnehmungen und Meinungen zugunsten der Meinung der Mehrheit anzupassen.

In dem Experiment wurden Teilnehmer gebeten, die Längen von Linien zu vergleichen. Diese Aufgabe war einfach und objektiv, da die korrekten Antworten offensichtlich waren. Allerdings waren die Teilnehmer nicht alleine – sie wurden von einer Gruppe anderer Personen begleitet, von denen sich herausstellte, dass sie in Wirklichkeit Komplizen des Experimentators waren.

Bild: Screenshot Sprouts Deutschland auf youtube

Hier ein realer Versuch, ausgestrahlt vom WDR (2019) sowie ein sehr schönes Erklärvideo dazu.

Während des Experiments wurden den Teilnehmern mehrere Linien vorgelegt, von denen sie die längste auswählen sollten. Die Komplizen gaben jedoch übereinstimmend falsche Antworten, die offensichtlich abweichend von der korrekten Antwort waren. Anfangs stimmten sie noch geschlossen für die richtige Antwort und nach einer Weile gaben sie alle die falsche Antwort. Die Versuchsperson schloss sich überwiegend mindestens einmal der falschen Mehrheitsmeinung an. Doch es gab noch eine entscheidende Variation des Experiments: In einer Versuchsanordnung wurde eine zweite Versuchsperson hinzugefügt, die die richtigen Antworten gab und somit von der Mehrheit abwich.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Teilnehmer in der Gruppe oft ihren eigenen Wahrnehmungen misstrauten und stattdessen den Antworten der Mehrheit zustimmten, selbst wenn diese offensichtlich falsch waren. Dies wurde als Konformität bezeichnet. In den Fällen, in denen eine zweite Versuchsperson die richtigen Antworten gab, hatte dies einen deutlichen Einfluss auf das Verhalten der anderen Teilnehmer. Die Konformitätsrate sank erheblich, da die Gegenwart einer einzigen Person, die nicht mit der Mehrheit übereinstimmte, den Druck minderte, sich anzupassen.

Die Aussage des Experiments unter Berücksichtigung dieses Teils ist vielschichtig:

  1. Sozialer Einfluss: Das Experiment verdeutlicht, wie stark sozialer Einfluss und Gruppendruck sein können. Menschen neigen dazu, ihre Meinungen anzupassen, um nicht aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden oder um nicht als abweichend betrachtet zu werden.
  2. Konformität unter Unsicherheit: Konformität tritt oft auf, wenn die Aufgabe unklar oder subjektiv ist. In diesem Experiment handelte es sich um eine klare, objektive Aufgabe, dennoch stimmten Teilnehmer den falschen Antworten zu, weil die Mehrheit diese äußerte.
  3. Unsicherheitsreduktion: Eine zweite Versuchsperson, die richtig antwortet, bietet den Teilnehmern eine Alternative zur Mehrheitsmeinung, was Unsicherheit reduziert und den individuellen Druck zur Konformität verringert.

Zusammenfassend verdeutlicht das Asch-Experiment, wie stark der soziale Einfluss sein kann und wie Menschen in Gruppen dazu neigen, ihre eigenen Meinungen zugunsten der Gruppenmeinung anzupassen. Es betont auch die Bedeutung von individuellen Unterschieden, Vertrauen in die eigene Wahrnehmung zu haben und sich nicht ausschließlich von der Meinung der Mehrheit beeinflussen zu lassen.

Was vielfach zu wenig Aufmerksamkeit bekommt ist die Tatsache, dass bereits eine Person aus der Gruppe, die die richtige Antwort gibt, den Konformitätswunsch massiv reduziert. Oder mit anderen Worten: ein Mutiger genügt, um andere vom Gruppendruck zu erlösen und ihnen den Mut zu geben, zur eigenen Wahrnehmung (oder Meinung) zu stehen. Anders herum: gibt es diesen Mutigen nicht, so schaffen es nur wenige, der Konformität zu entfliehen. Deshalb ist der Mut jedes Einzelnen entscheidend.

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